Enge Zusammenarbeit für die Zukunft der Pflege

Die Teams am Bildungszentrum bereiteten die Umsetzung der generalistischen Pflegeausbildung vor

Im April 2019 bezogen Pflegeschule und Caritas-Altenpflegeschule neue Räume im Hemshof-Center. Um dieser Verbindung Ausdruck zu verleihen, wurde dem neuen Ort ein gemeinsamer Name gegeben: Bildungszentrum für Pflege und Gesundheit, Vorderpfalz.

Für die rund 30 Lehrenden und 300 Auszubildenden beider Schulen bieten die freundliche und digitale Ausstattung der Klassenräume mit Smart-Boards der neuesten Generation und vielfältigen Demoräume viele Möglichkeiten für die moderne Unterrichtsgestaltung. Das helle, freundliche Ambiente ermöglicht Begegnung und informelles Lernen. „Wir haben eine schöne Schule!“ und „Das ist ein Ort, an dem wir gerne lernen“, so die einheitlichen Stimmen der Auszubildenden.

Die Hauptaufgabe der Lehrerteams war es, das Pflegeberufegesetz umzusetzen. Dieses löst die klassische Dreiteilung in Alten-, Erwachsenen- und Kinderkrankenpflege auf und bereitet auf den Berufsabschluss Pflegefachmann / Pflegefachfrau vor, was dem europäischen Rahmen entspricht und die Attraktivität sowie Zukunftsfähigkeit des Pflegeberufs steigern soll. Die bereits laufenden Kurse werden ihre Prüfung natürlich noch nach dem alten Gesetz abgelegen. Im August 2020 starteten die ersten Auszubildenden in die generalistische Ausbildung. Beide Schulen werden diesen Weg anbieten, ohne Spezialisierung der theoretischen Ausbildung. Eine Vertiefung in der Praxis ist jedoch möglich in der Altenpflege, Kinderkrankenpflege und Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Die Kooperation beider Schulen

Schon lange vor dem Zusammenziehen stand auf Leitungsebene fest, dass es eine fachliche Kooperation der Pflegeschule und der Caritas-Altenpflegeschule hinsichtlich des Lehrplans und der Einsatzplanung für die generalistische Ausbildung geben soll. Zu Beginn des Erarbeitungsprozesses stand dann ein Austausch über das Pflege- und Bildungsverständnis der Lehrenden, die unterschiedliche Qualifikationen mitbringen. „Der Austausch darüber, was die anderen über Pflege und Bildung denken, war sehr gut. Wir profitieren voneinander“, bestätigen Schulleitungen Monika Heuvelmann und Timo Siebenborn.

Die Generalistik in der praktischen Pflegeausbildung

Durch die Generalisierung sollen Pflegekräfte auf sämtliche Aufgaben vorbereitet werden, die sie im Pflegealltag erwarten. Allerdings sorgen die Veränderungen, die auf die Pflegeausbildung zukommen, besonders in der Kinderkrankenpflege und Altenhilfe für Ängste der Pflegepraxis. „Ich höre immer wieder die Befürchtung, dass die Besonderheiten von Pflege alter Menschen nicht mehr ausreichend berücksichtig werden könnte“, berichtet Schulleiter Siebenborn über Bedenken aus den Altenpflegeeinrichtungen. Auch Heuvelmann kennt diese Sorge: „Ebenso denkt man in der Pädiatrie, dass die Pflege von Kindern in der Generalistik ungenügend beachtet wird. Jedoch birgt die neue Ausbildungsform die Chance, alle Bereiche der Pflege gleichmäßig kennenlernen zu können.“ Aber die berufspolitische Perspektive der Kinderkrankenpflege ist ihr wichtig: „Für die Neonatologie wird es nach den drei Ausbildungsjahren eine Weiterbildung geben müssen, um der spezifischen Pflege von Frühgeborenen gerecht zu werden“, betont sie.

Das ist neu: Im ersten Ausbildungsjahr stehen die Lernenden jetzt nicht mehr auf dem Stellenplan. Dadurch haben die Auszubildenden Zeit, sich auf das Lernen in der Praxis zu konzentrieren und die ersten Erfahrungen gut begleitet von Praxisanleitenden und Pflegefachkräften zu machen.
Über die drei Jahre der Ausbildung steigt dann die Einbindung an, um die Absolventen mit breiter Fachkompetenz vorzubereiten und die Erwartungen der Einrichtungen zu erfüllen. Um diesen Kompetenzzuwachs erreichen zu können, sind laut Pflegeberufegesetz zehn Prozent der Stunden als geplante Praxisanleitung nachzuweisen, was den Praxisanleitenden eine noch wichtigere Rolle zuschreibt als bisher.

Damit erfährt die Weiterbildung zum Praxisanleiter einen großen Zulauf. Sie wird zukünftig nach den Kriterien der Pflegekammer von der Altenpflegeschule durchgeführt. „Im Mai 2020 startete ein Praxisanleiterkurs, der auf große Resonanz stieß. Auch Teilnehmende aus dem St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus sind aktuell in der Weiterbildung“, berichtet Timo Siebenborn.

Die Generalistik in der Theorie

Das Pflegeberufegesetz sieht erstmals einen bundesweit einheitlichen Rahmenplan für die Ausbildung in der Pflege vor. Rheinland-Pfalz hat davon abgeleitet, einen Lehrplan vorgegeben, auf dessen Grundlage die Schulen ein schulinternes Curriculum entwickeln sollten. Für die Arbeit an den Lernfeldern des neuen Curriculums wurde an unserem Bildungszentrum ein passendes Arbeitssetting mit Tandems aus beiden Schulen gefunden. Durch die entstandenen Arbeitsquartette werden alle Bereiche der Pflege und immer auch die ganze Lebensspanne berücksichtigt. Dabei wird deutlich, dass die Themen der verschiedenen Pflegebereiche sich in großen Teilen überschneiden. Die Aufgabe ist es nun, daraus konkrete Lernsituationen und sinnvolle Lernarrangements zu entwickeln. Die Kompetenzorientierung ist spiralig angelegt und baut sich zu immer komplexeren Pflegesituationen auf. „Dies ist ein zukunftsfähiger Ansatz, der dem europäischen Standard der Generalistik entspricht“, betonen Heuvelmann und Siebenborn und ergänzen: „Generalistisch ausgebildete Pflegende sind nicht schlechter – das zeigen Modellversuche und die europäische Erfahrung.“

Vorbehaltaufgaben

Ein Meilenstein im neuen Pflegeberufegesetz sind die „Vorbehaltaufgaben“. Diese gelten nicht erst für die nach dem neuen Gesetz ausgebildeten Pflegekräfte, sondern seit Anfang des Jahres für alle Auszubildenden! Bisher ist allerdings noch unklar, wie diese Vorbehaltaufgaben tatsächlich in der täglichen Arbeit gelebt werden können. „Besonders im Krankenhaus fehlt zum Teil das Bewusstsein für die Verantwortung für den Pflegeprozess“, so Heuvelmann. So übernehmen zum Beispiel Praktikanten und Auszubildende im Krankenhaus Aufnahmegespräche – ein Umstand, der in der Altenpflege undenkbar ist. Berufspolitisch liege in den Vorbehaltaufgaben ein großer Gewinn für die Berufsgruppe. „Es gilt jetzt, diesen zu nutzen und die Umsetzung der Vorbehaltaufgaben in allen Bereichen der Pflege zu gestalten“, so die Verantwortliche.

Ein Blick in die Zukunft der Pflege

„Mit der Generalistik haben wir die große Chance, eine Berufsgruppe zu werden und die Grabenkämpfe zu beenden“, sieht Monika Heuvelmann die berufspolitische Chance der Generalistik und ergänzt: „Wir können endlich ein einheitliches Berufsverständnis entwickeln und die Energie für ein gemeinsames Miteinander einsetzen.“

Die Zusammenführung der drei Grundausbildungen führt dazu, dass sich junge Menschen nicht zu Beginn einer Pflegeausbildung schon auf einen bestimmten Sektor oder eine bestimmte Einrichtung festlegen müssen. „Die grundlegende Neugestaltung der Ausbildung birgt die Chance, die Pflege als Beruf weiterzuentwickeln und ihr endlich wieder den Stellenwert zu geben, die sie in der Gesellschaft verdient hat“, argumentieren die Schulleiter Schulleiter. Es bleibt spannend zu sehen, wie sich der Pflegeberuf als Berufsbild durch die neue Ausbildung in der Gesellschaft besser positionieren kann.

Text: Johanna Münch Foto: Klaus Landry Grafik: Pflegeschule

Lehrerinnen und Lehrer für Pflegeberufe bilden ein gemeinsames Team

Die Lehrer der Pflegeschule St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus und der Altenpflegeschule arbeiten eng in der neuen generalistischen Ausbildung zusammen

Die vier Kompetenzstufen in der generalistischen Pflegeausbildung

In der generalistischen Ausbildung Pflegefachmann / Pflegefachfrau werden die Auszubildenen in Stufen an verschiedene Kompetenzen herangeführt.