Ein lang gehegter Wunsch ist auf der Früh- und Neugeborenenintensivstation Däumling im St. Marienkrankenhaus wahr geworden.
Seit November ist jedes Bett der Station mit einer Spezialkamera ausgerüstet. Per Live-Streaming können Eltern und Familienangehörige über eine verschlüsselte Videoübertragung, ihr Kind zusätzlich zu den persönlichen Besuchen auch „virtuell“ über Computer, Tablet oder Mobiltelefon aufsuchen.
„Es ist für die Eltern ein sehr positives Erlebnis zu sehen, wie sich ihr Kind verhält. Schläft es, bewegt es sich oder schreit es? Dadurch können Eltern und auch andere Bezugspersonen, denen sie den Schlüssel für die Verbindung geben, an der Entwicklung noch intensiver teilnehmen“, beschreibt Pflegemanagerin Rita Schwahn, die sich stark für das Projekt eingesetzt hat. „Wir sind sehr froh über die großartige Unterstützung, durch die wir diesen wichtigen Service anbieten können“, betont sie. Das „Baby-TV“ der besonderen Art wurde mit Hilfe von Spendern ermöglicht.
- Eltern können jetzt ihr Kind beobachten, auch wenn sie nicht selbst auf der Station vor Ort sind, und sich mit eigenen Augen davon überzeugen, dass es ihm gut geht.
- Besonders Väter und Geschwisterkinder nutzen das neue Angebot intensiv, berichtet der stellvertretende Stationsleiter Mike Postel.
- Während viele Mütter die Gelegenheit nutzten, in einem der Elternzimmer der Klinik in der Nähe ihrer Kleinen zu sein.
Die Zeiten der Live-Übertragung werden nach den Bedürfnissen und dem Tagesablauf in der Familie festgelegt. Zum Beispiel können Geschwisterkinder vor dem Aufbruch in die Schule „Baby gucken“, der Vater bei der Arbeit in der Mittagspause oder auf Dienstreise und die Eltern abends gemeinsam auf dem Sofa. Und auch Familienmitglieder, die weiter weg wohnen, sind mit einbezogen. Die ersten Großeltern aus Griechenland haben so bereits die Fortschritte ihres Enkelkindes verfolgt.
Erst ihr Kind, Bezugspersonen und Station Däumling kennen lernen
Etwa eine Woche nach der Aufnahme ihres Kindes auf der Station wird den Eltern das Angebot vorgestellt.
Dann haben sie bereits Kontakte mit ihren Ansprechpartnern im Team aufgebaut und die Abläufe auf Station kennengelernt. „Auch können sie so manche schwierige Situation, die die Kinder durchlaufen, schon besser einschätzen und verarbeiten. Und sie wissen, dass wir uns sehr intensiv um ihr Kind kümmern“, beschreibt Postel. Während der Versorgungszeiten bleibt die Kamera dagegen aus. Das hat unter anderem Datenschutzgründe.
Frühgeborene und ihre Familien stärken
Jedes neunte bis zehnte Baby kommt als Frühgeborenes auf die Welt, die Tendenz ist steigend. In Deutschland sind es jährlich über 65.000 Kinder, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden. Davon kommen etwa 11.000 „Frühchen“ vor der 32. Schwangerschaftswoche zur Welt. Frühgeborene sind die größte Kinderpatientengruppe Deutschlands. Das bedeutet auch Probleme und Risiken für die weitere Entwicklung dieser Kinder und hohe Belastung ihrer Familien.
Versorgung von Neugeborenen im Geburtszentrum im St. Marienkrankenhaus
„Pro Jahr werden bei uns um die 1.700 Kinder geboren. Die Versorgung von Frühgeborenen ist eine der Kernkompetenzen des Hauses“, so die Verantwortliche Rita Schwahn.
Im Perinatalzentrum im St. Marienkrankenhaus werden jährlich etwa 250 Frühgeborene, davon rund 40 unter 1.500 Gramm, betreut. Ein wesentlicher Baustein ist die Versorgung der Kinder im Kontext der Familie.
Dies beginnt bereits vor der Geburt und reicht über den stationären Aufenthalt hinaus. Das ist wichtig, denn die Eltern und Familien sind mit emotionalen, organisatorischen und finanziellen Herausforderungen konfrontiert. „Es geht nicht nur darum, dass die Kinder überleben, sondern dass sie dies möglichst gesund tun. Das Ziel des gesamten Teams ist es, den Kindern ein Leben ohne schwere Folgeerkrankung zu ermöglichen und die Entlassung in eine möglichst stabile Familie“, so Schwahn.
Dies könne nur gelingen, wenn auch die Familien unterstützt werden. Baby-Watch ist dabei ein wichtiges Element. Die Eltern-Kind-Bindung und das Hereinwachsen des Kindes in die Familie stehen hier im Fokus.
Frühgeburtlichkeit – insbesondere vor der 32. Schwangerschaftswoche – und auch Krankheit des Neugeborenen, bedeuten für viele Eltern eine Lebenskrise. Die oft unerwartete Konfrontation mit dem extrem kleinen oder kranken Kind, die Sorge um sein Leben und seine Entwicklung sowie der lange Krankenhausaufenthalt von Mutter und Kind stellen eine große Belastung dar, die lange über den Entlassungszeitpunkt hinaus weiter wirkt.
Auf der Früh- und Neugeborenenintensivstation im St. Marienkrankenhaus ist jetzt mit Hilfe von Spendern und dem Einsatz der Mitarbeiter ein weiterer Baustein geschaffen worden, der Eltern und Kinder unterstützt.