Das St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus, Ludwigshafen am Rhein, hat in den letzten zwei Jahren erfolgreich ein Risikomanagement eingeführt. Die Installation eines umfassenden klinischen Risiko-Management-Systems wurde durch die Gesellschaft für Risiko-Beratung (GRB) überprüft und die entsprechende Urkunde an die Verantwortlichen des Krankenhauses übergeben.
"Wir wollten auch in unseren Abläufen alles zum Schutz und zum Wohl der Patienten und Mitarbeiter tun", erklärt Geschäftsführer Marcus Wiechmann im Rahmen eines Pressegesprächs die Hintergründe. Denn mit den steigenden Fortschritten in der Medizin steigen auch die damit verbundenen Risiken, gibt er weiter an. Zusätzlich sollte auch den steigenden Anforderungen der Gesetzgeber (Hygienegesetze, Patientenrechtegesetz, gemeinsamer Bundesausschuss) und Fachgesellschaften und den Ansprüchen der Haftpflichtversicherer Rechnung getragen werden. Unter anderem wurde mit dem Fachkrankenpfleger für Anästhesie und Intensivmedizin Volker Boettcher ein Vollzeit-Mitarbeiter mit der Aufgabe des Risikomanagers betraut, der als ehemaliger Leiter der Intensivstationen des Hauses bereits Erfahrungen im Umgang mit der Arbeit in Risikobereichen mit sich bringt. Er absolvierte zusätzlich berufsbegleitend den Studiengang Projektmanagement IHK und zertifizierte sich zum Risikomanager.
Zur weiteren Verbesserung und um Impulse von externen Experten zu erhalten, entschloss sich die Geschäftsführung des Krankenhauses im vergangenen Jahr für eine Überprüfung im Rahmen einer Zertifizierung. Für fünf Tage waren drei Auditoren der Gesellschaft für Risiko-Beratung (GRB) im Januar 2013 im St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus vor Ort und überprüften die Strukturen und Prozesse auf das Genaueste. Vor allem die Bereiche mit hohem Risikopotential, zum Beispiel die Intensivstationen oder die Geburtshilfe, lagen im Fokus des Audits. Um die identifizierten Risiken zu bearbeiten und die Empfehlungen der Risiko-Berater umzusetzen, wurden zwölf Arbeitsgruppen mit Mitgliedern aus allen Berufsgruppen gebildet, die sich mit Sachverstand und Elan ans Werk machten.
Der Prozess war erfolgreich: "Im letzten Monat wurde die erfolgreiche Bearbeitung der identifizierten Risiken aller Hochrisikobereiche durch die Gesellschaft für Risiko-Beratung (GRB) überprüft und beurkundet", erklärt Jürgen Will, Leiter Verwaltungsmanagement und Prokurist des Krankenhauses, stolz auf das Geleistete. "Damit ist das St. Marien- und St. Annastiftskrankenhaus das erste Haus in Rheinland-Pfalz, das die Evaluation der Hochrisikobereiche nach den aktuellen Anforderungen der GRB erreicht hat", bestätigt Axel Krause, Risikoassessor der Gesellschaft für Risiko-Beratung aus Detmold, die vor etwa 20 Jahren das Thema Risikomanagement nach amerikanischem Vorbild in Deutschland einführte. "Ich bin beeindruckt wie gründlich hier gearbeitet wurde. Es wurde vernetzt, Verantwortliche sind benannt, Prozesse gesichert, Nachweise und Kontrollverfahren sind aufgebaut", ergänzt der Fachmann. Besonders positiv bewerteten er und sein Team die Installation des anonymen Meldesystems von (Beinahe-)Fehlern und die neu geschaffenen Strukturen der Hygieneabteilung.
Beispiele von Maßnahmen
Zum Schutze der Patienten wurde unter anderem das für alle Mitarbeiter zugängliche "Anonymes Meldesystem von Beinahe-Fehlern und Unfällen" (CIRS) eingeführt. "Es liegen bereits viele Meldungen von Beinahe-Fehlern vor, aus denen wir lernen konnten", ist Risikomanager Volker Boettcher stolz. "CIRS ist Teil unseres Fehlermanagements, bestehend aus dem Verbesserungsmanagement, dem Beschwerdemanagement und dem Schadensmanagement." Unter anderem wurden schadhafte Beatmungsschläuche einer Charge entdeckt, Fremdkörper in einem steril-verpackten Infusionssystem identifiziert und bundesweit in das Forum als "Alert-Meldung" gemeldet, eine Sturzgefahr durch mangelnde Warnhinweisschilder bei nass gewischtem Treppenhaus moniert und durch Mitarbeiter Hinweise auf mögliche Patientenverwechslungen, zum Beispiel bei der Medikamentenverteilung - bei gleichnamigen Patienten gegeben.
Als weitere Verbesserung laufen aktuell die Vorbereitungen für die Implementierung elektronisch erstellter und lesbarer Patientenidentifikationsarmbänder.
Aber auch in Notfällen wird nun wertvolle Zeit gespart: Durch die Einführung einer DECT-Anlage (aufwendige Telefonanlage mit Mobiltelefonen für eine Großzahl von Mitarbeitern) werden alle Mitglieder des Notfallteams für Reanimationsalarme und Notfallkaiserschnitte - sofort über die Klingelanlage aus allen Patientenzimmern möglich - automatisch telefonisch benachrichtigt. Sogar wenn telefoniert wird, wird das Gespräch unterbrochen und es erfolgt der automatische Hinweis, wo genau der Notfall ist.
Im Bereich Hygiene erfolgte die Gründung des Hygienezirkels mit den Hygienefachkräften, den hygienebeauftragten Ärzten und den 28 Link-Nurses. Das angestrebte Ergebnis sind der regelmäßige Erfahrungsaustausch und gemeinsame Fortbildungen.
"Damit sind wir für die neuen gesetzlichen Maßgaben, wie die neuen Landeshygienegesetze und Vorgaben des gemeinsamen Bundesausschusses (g-BA) gewappnet, die ab 2016 für alle Krankenhäuser verbindlich sind", sind die Verantwortlichen des Krankenhauses sicher. Das bedeutet aber nicht, dass das Risikomanagement stehen bleibt: Aktuell laufen strukturierte Begehungen (Audits) aller Abteilungen anhand von Kriterienkatalogen, zum Beispiel zum Thema Hygiene und Patientensicherheit. Die abgearbeiteten Risiken werden im kontinuierlichen Risikocontrolling weiter beobachtet, "alte" Risiken werden neu bewertet, neue identifiziert und möglichst schnell bearbeitet und gelöst. Für November 2014 ist ein Aktionstag "Patientensicherheit, Hygiene, saubere Hände" mit Fachvorträgen für alle Interessierten in Vorbereitung.