An der Pflegeschule des St. Marien- und St. Annastiftskrankenhauses hat der stellvertretende Leiter der Pflegeschule, Hans-Peter Graber, der kürzlich das Zertifikat als "Geprüfter VR-Trainer" erlangt hat, diese Technologie erfolgreich in den Ausbildungsalltag integriert. Im Interview gibt er spannende Einblicke in seine Erfahrungen und Zukunftspläne.
Motivation und Einstieg in Virtual Reality
Die Begeisterung von Hans-Peter Graber für VR begann vor etwa drei Jahren, als er privat eine VR-Brille erwarb und über eine Internetwerbung auf einen Anbieter von VR-Simulationen im Pflegebereich aufmerksam wurde. Diese erste Begegnung weckte sein Interesse und führte ihn zur Entscheidung, eine Zertifizierung als VR-Trainer zu absolvieren. „Ich war sofort fasziniert von den Möglichkeiten, die VR in der Pflegeausbildung bieten kann. Die Technologie eröffnet uns neue Wege, Praxiswissen sicher und effektiv zu vermitteln“, so Graber.
Mehr Sicherheit und Intensität im Lernen
Ein zentraler Vorteil von VR in der Pflegeausbildung ist die Möglichkeit, praktische Fertigkeiten in einer sicheren und wiederholbaren Umgebung zu üben. In der Pflegeschule wurden mittlerweile mehr als 50 VR-Simulationen integriert, die es den Auszubildenden ermöglichen, Handlungsschritte zu trainieren, ohne Gefahr für Patientinnen und Patienten oder den Verbrauch von Materialien wie Absaugkathetern oder Sauerstoffmasken. Die Auszubildenden können diese Übungen beliebig oft wiederholen und so ihre Handlungen verinnerlichen.
„Gerade die Auszubildenden, die in VR-Simulationen wichtige Handlungsschritte üben können, ohne dass ein Patient gefährdet wird, profitieren enorm. Sie haben die Möglichkeit, ihre Handlungen so oft zu wiederholen, wie sie möchten, was die Sicherheit und das Vertrauen in ihre Fähigkeiten erhöht“, erklärt Hans-Peter Graber.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Azubis durch die VR-Simulationen mehr Sicherheit gewinnen. Ein Beispiel aus der Praxis: Auszubildende berichteten, dass sie beim endotrachealen Absaugen deutlich ruhiger und souveräner agieren konnten, da sie die Handlungskette zuvor in der virtuellen Realität geübt hatten. Dieser positive Lerneffekt ist nur einer von vielen, die den Einsatz von VR in der Pflegeausbildung so wertvoll machen.
Schrittweise Implementierung und maßgeschneiderte Simulationen
Zu Beginn der Einführung von VR in die Pflegeausbildung stellte Hans-Peter Graber fest, dass die Auszubildenden oft noch mit den technischen Aspekten von VR überfordert waren. Daher wurde ein gezieltes Einführungskonzept entwickelt: Die Azubis haben nun einen ganzen Tag Zeit, um sich mit der VR-Technologie und der Handhabung der Brillen vertraut zu machen. „Das sorgt für eine entspannte Atmosphäre zu Beginn und verhindert, dass die Unsicherheit über die Technologie den Lerneffekt beeinträchtigt“, so Graber.
Langfristig plant die Pflegeschule, eigene VR-Simulationen zu entwickeln, die speziell auf die Bedürfnisse des Hauses und die Anforderungen der Pflegekräfte abgestimmt sind. Diese maßgeschneiderten Simulationen sollen die Ausbildung weiter optimieren und noch praxisnäher gestalten.
Technologie und Plattformen: Der Stand der Dinge
Aktuell arbeitet die Pflegeschule mit dem Anbieter UbiSim. Diese Plattform hat sich als äußerst zufriedenstellend erwiesen. Die Technologie ermöglicht es, verschiedene Szenarien realitätsnah nachzubilden, sodass Auszubildende in einem immersiven Umfeld lernen können.
„Mit UbiSim haben wir eine stabile und gut funktionierende Grundlage, die uns hilft, die Auszubildenden optimal zu fördern. Wir sind mit dieser Technologie sehr zufrieden und sehen großes Potenzial, sie weiter auszubauen“, sagt Hans-Peter Graber.
Ein Netzwerk für VR in der Pflegeausbildung
Hans-Peter Graber ist derzeit der einzige zertifizierte VR-Trainer an einer Pflegeschule in Deutschland. Doch das ist nicht das Ende seiner Ambitionen. Er arbeitet aktiv daran, ein Netzwerk von Pflegeschulen aufzubauen, die ebenfalls VR-Technologie in ihrer Ausbildung integrieren möchten. „Der Austausch mit anderen Schulen und die Zusammenarbeit in einem Netzwerk sind für uns entscheidend, um die Chancen und Möglichkeiten von VR in der Pflegeausbildung weiter zu verbreiten“, betont Graber.
Langfristige Perspektiven: VR als unverzichtbarer Baustein
Für die Zukunft sieht Hans-Peter Graber großes Potenzial in der Nutzung von VR in der Pflegeausbildung. Er betont jedoch, dass VR allein die Ausbildung nicht revolutionieren kann. Vielmehr ist es ein wichtiger Baustein, der die Ausbildung bereichert und intensiviert. „VR ist kein Allheilmittel, aber es ist ein unverzichtbarer Bestandteil, der den Auszubildenden hilft, in einer sicheren Umgebung praxisrelevante Erfahrungen zu sammeln. Der Lerneffekt ist immens, vor allem durch die multisensorische Erfahrung“, erklärt er.
„Die Auszubildenden sind begeistert von VR, und wir haben festgestellt, dass sie die Technologie als echten Mehrwert empfinden. Sie lernen nicht nur schneller, sondern auch effektiver“, so Graber weiter.
Zukünftige Projekte und Workshops
Neben der kontinuierlichen Integration von VR-Simulationen in die Ausbildung bietet Hans-Peter Graber fortlaufend VR-Workshops für das Schulteam an, um die Nutzung der Technologie ständig zu optimieren. Am 25. März 2025 wird zudem im Foyer des St. Marienkrankenhauses ein Infostand zum Thema "VR in der Pflegeausbildung" für alle Interessierten veranstaltet. „Wir wollen das Thema VR noch stärker in den Fokus rücken und den Austausch mit anderen Institutionen fördern“, erklärt Graber. Des Weiteren betreut er bereits externe Studierende, die ihre Masterarbeiten zum Thema VR in der Pflegeausbildung schreiben möchten. VR wird auch bei verschiedenen Ausbildungsmessen und Veranstaltungen ein integraler Bestandteil sein.
Fazit
Die Einführung von Virtual Reality in der Pflegeausbildung des St. Marien- und St. Annastiftskrankenhauses zeigt eindrucksvoll, wie innovative Technologien die Ausbildung von Pflegekräften bereichern können. Durch praxisnahe, sichere und wiederholbare Lernmöglichkeiten können Auszubildende ihre Fertigkeiten deutlich schneller und sicherer entwickeln. Mit der Vision, VR als festen Bestandteil in der Pflegeausbildung zu etablieren, wird die Pflegeschule des St. Marien- und St. Annastiftskrankenhauses nicht nur den Auszubildenden, sondern auch der gesamten Branche einen bedeutenden Schritt in Richtung Zukunft ermöglichen.